Rede | Doppelbesteuerung von Renten

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Deutscher Bundestag, Sitzung vom 04.03.2021

Redeprotokoll

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wenn man dem Kollegen Birkwald zuhört, dann scheint es so, als wäre die Sache auf der einen Seite sehr einfach und sehr klar und auf der anderen Seite ein riesengroßes Problem. Wenn man sich näher damit beschäftigt, stellt man aber fest: Beides ist nicht der Fall.

Es ist nämlich eine sehr komplizierte Geschichte; das hat die Anhörung im Ausschuss gezeigt, und das zeigt sich auch, wenn man Hintergrundmaterial dazu liest. Die Frage, ob es sich um eine Doppelbesteuerung handelt, hängt nämlich von sehr vielen Annahmen und von mathematischen Modellen ab. Die meisten Expertinnen und Experten sagen: Es gibt zurzeit keine Doppelbesteuerung.

(Beifall der Abg. Antje Tillmann (CDU/CSU))

Es könnte in der Zukunft aber mal eine Doppelbesteuerung geben, möglicherweise in den 30er-Jahren. Aber selbst das ist noch nicht ganz klar. Ebenso unklar ist, wie viele Fälle das betreffen wird, was das also quantitativ ausmacht. Wie gesagt: Die meisten sind der Meinung, das sei bisher kein oder kein großes Problem. Hinzu kommt, dass sich alle Expertinnen und Experten einig sind, dass die nachgelagerte Besteuerung einen Fortschritt für alle bedeutet. Der Kollege Gutting hat das eben schon erklärt: Da man im Alter üblicherweise ein geringeres Einkommen hat als im Erwerbsleben, ist die nachgelagerte Besteuerung für alle besser. Das heißt, da entsteht überhaupt kein Nachteil.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Ganze ist also ein absolutes Scheinproblem.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrike Schielke-Ziesing (AfD): Erzählen Sie das den Rentnern! – Zuruf des Abg. Markus Herbrand (FDP))

Man fragt sich, warum dieses Scheinproblem in manchen Medien und sogar bis hin zum Bundesfinanzhof immer so große Wellen schlägt. Ich bin gespannt, was da an Urteilen kommt. Aber es ist ein Scheinproblem. Es schlägt meines Erachtens deshalb hohe Wellen, weil es mit echten Problemen zusammentrifft. Die stärkere Besteuerung von Renten führt nämlich durchaus zu Problemen bei den Leuten. Ganz viele Rentnerinnen und Rentner sind überrascht, dass sie auf einmal Steuern zahlen müssen, weil sie das vorher gar nicht wussten. Das heißt, wir brauchen da mehr Transparenz. Das ist ein wesentlicher Punkt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ein zweiter Punkt – das hat der Kollege Gutting eben auch schon angesprochen -: Die Finanzbehörden sind teilweise so langsam, dass für mehrere Jahre Steuern nachgezahlt werden müssen. Das ist für viele Rentnerinnen und Rentner wirklich eine große Belastung. Diese jahrelangen Nachzahlungen muss man verhindern, vor allen Dingen dadurch, dass die Finanzbehörden schneller arbeiten. Wir haben in unserem Antrag, den wir letztes Jahr eingebracht haben, und zu dem es auch die Anhörung gab, ein paar Stellschrauben genannt, wie man es technisch hinkriegen könnte, diese hohen Nachzahlungen tatsächlich zu vermeiden. – Das war der zweite wichtige Punkt. Letzter und dritter Punkt, der wichtig ist: Wir müssen versuchen, Wege zu finden, dass wenigstens die Rentnerinnen und Rentner, die nur Rente beziehen, gar keine Steuererklärung machen müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Matthias W. Birkwald (DIE LINKE))

Im Zusammenhang mit der Digitalisierung sollte das doch möglich sein. – Und ich sehe jetzt hier Applaus durchaus bei mehreren Fraktionen. Ich glaube, dass das ein Punkt ist, an den wir unbedingt ran müssen. Ansonsten müssen wir die Doppelbesteuerung natürlich weiter beobachten.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki: Kommen Sie bitte zum Schluss.

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es gibt dazu durchaus Punkte im Antrag der FDP, über die man diskutieren kann. Darüber werden wir im Ausschuss reden. Aber lassen Sie uns bitte über die echten Probleme reden und nicht über Scheinprobleme. Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Yasmin Fahimi (SPD))

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