Pressemitteilung | Porto-Gipfel zum sozialen Europa: Stillstand statt Aufbruch
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Anlässlich des Porto-Gipfels und der geplanten Beschlüsse zum sozialen Europa erklärt Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für europäische Sozialpolitik:
Die bisher bekannt gewordenen Dokumente, mit denen heute die europäischen Sozialpartner in einer politischen Verpflichtung und morgen die Vertreter:innen der Mitgliedstaaten in einer gemeinsamen Porto-Erklärung die EU sozialer machen wollen, lesen sich als Stillstand. Notwendig wäre aber ein starkes Signal für einen Aufbruch zu einem sozialen Europa.
Wo ist die klare Haltung unserer Bundesregierung, die vor über drei Jahren selbst mit ambitionierten Vorstellungen zum sozialen Europa angetreten ist? Seit dem Ende der Ratspräsidentschaft ist es aus ihrer Richtung still geworden. Eine klare befürwortende Haltung mit konkreten verbindlichen Zielvorschlägen war im Vorfeld zum Porto-Gipfel von dieser Bundesregierung nicht zu vernehmen.
Mit dem Aktionsplan zur Umsetzung der Europäischen Säule Sozialer Rechte (ESSR) hatte die EU-Kommission einen Aufschlag für die kommenden Monate und Jahre gemacht, in dem Licht und Schatten waren. Auf der einen Seite waren dort eine Reihe von Vorschlägen zur Umsetzung der ESSR enthalten und auch quantitative Ziele bezüglich Beschäftigung und Armut, auf der anderen Seite waren viele Vorschläge sehr vage und vor allem das Armutsziel enttäuschend. Die Themen Verringerung der Armut, soziale Ausgrenzung oder die Erhöhung der Beschäftigungsquoten waren schon Teil der Sozialstrategie EU 2020 und werden mit den neu vorgeschlagenen Zielen aus dem Aktionsplan sogar unterboten. Sie liegen erheblich unter dem Anspruch der UN im Rahmen der SDGs die relative Armut in den reicheren Ländern zu halbieren.
Statt die Vorschläge der Kommission stärker zu konkretisieren und bei dem Armutsziel nachzubessern, verbleiben Mitgliedstaaten in ihrer Erklärung bei Allgemeinplätzen und stellen sogar die EU-Zuständigkeit wieder in Frage. Die Mitgliedstaaten dürfen nicht davor zurückschrecken sich ambitioniert der Armutsbekämpfung zu verschreiben. Sowohl quantifizierbare Ziele, um die Vorgehensweise festzulegen und den Fortschritt zu messen, als auch gesetzgeberische Instrumente zur Festlegung von EU-Sozialstandards sind möglich.