Persönliche Erklärung | Warum ich das „Gesetz zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems“ abgelehnt habe

Persönliche Erklärung gemäß §31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages  zu der Abstimmung  über den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems (BT-Drs. 20/12805)

Der Anschlag von Solingen war ein schrecklicher Terrorangriff. Ziel von Terrorismus ist es unsere Gesellschaft zu spalten. Islamismus und Terroranschläge müssen mit allen rechtlichen Mitteln bekämpft werden. Dazu gehören dringend nötige Investitionen in die innere Sicherheit, gute Rechtsgrundlagen und auch Prävention. Menschen oder gar ganze Gruppen dürfen aufgrund ihrer Herkunft aber nicht unter Generalverdacht geraten. Die öffentliche Debatte nach dem Anschlag war teilweise von einem Überbietungswettbewerb mit Forderungen nach immer weiteren Verschärfungen des Asyl- und Aufenthaltsrechtes geprägt. Eine solche Debatte spaltet unsere Gesellschaft nur weiter. Damit muss Schluss sein.

Ein Teil des „Sicherheitspaketes“ betrifft Leistungsstreichungen für sogenannte „Dublin-Fälle“ – also Menschen, für deren Asylverfahren ein anderes EU-Land zuständig ist. Diese Personen sollen nur noch zwei Wochen gekürzte Leistungen erhalten (sogenannte „Überbrückungsleistungen“) und danach gar nichts mehr. Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, dass sie Deutschland wieder verlassen und in das zuständige EU-Land zurückkehren.

Problem ist, dass Überstellungen in andere EU-Länder in der überwiegenden Zahl der Fälle an der mangelnden Kooperation innerhalb Europas scheitern. So kooperiert beispielsweise Italien nahezu gar nicht bei Überstellungen. So können die Betroffenen faktisch überhaupt nicht dorthin zurückkehren. Und auch die Achtung der Menschenwürde ist leider nicht überall gewährleistet. Diese mangelnde Kooperation darf nicht auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen werden.

Dank unserer Verhandlungen wurde im Gesetzgebungsverfahren ergänzt, dass die Ausreise „rechtlich und tatsächlich“ möglich sein muss, was vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) festgestellt wird. Die Betroffenen müssen in das zuständige Land reisen können und dafür die erforderlichen Papiere haben. Ob mit dieser Ergänzung aber in jedem Fall Obdachlosigkeit verhindert werden kann, ist ungewiss.

Wir konnten auch erreichen, dass die geplanten Verschärfungen bei der Frage, wer noch Härtefallleistungen erhält, zurückgenommen wurden. Wir konnten aber nicht verhindern, dass in Härtefällen die Leistungen unter das Existenzminimum gesenkt werden. Auch die besonderen Bedarfe besonders schutzbedürftiger Geflüchteter – beispielsweise Menschen mit Behinderungen – werden in Härtefällen zukünftig nicht mehr gedeckt werden. Ich bin froh, dass meine Fraktion sich mit Nachdruck für Verbesserungen eingesetzt hat. Und doch kann ich in der Abwägung zwischen den erreichten Verbesserungen und den weiterhin problematischen Teilen dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

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