Rede | Doppelbesteuerung der Rente muss vermieden werden

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Deutscher Bundestag, Sitzung vom 10.06.2021

Tagesordnungspunkt: Aktuelle Stunde „Doppelbesteuerung von Renten“

Redeprotokoll

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich neige dazu, zu raten, die Emotionen mal ein bisschen herunterzufahren,

(Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja! – Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, genau!)

lieber Matthias Birkwald. Wir hatten ja schon viele Debatten zum Thema – teilweise noch ein bisschen emotionaler.

Das Positive an dem Urteil des Bundesfinanzhofes – wenn man etwas Positives daran sehen will – ist, dass es ermöglicht, eine Grundlage für eine Versachlichung der Diskussion zu schaffen. Gestern im Finanzausschuss haben wir – bis auf eine Fraktion, die da mit Schaum vor dem Mund argumentiert hat – das auch geschafft. Das war gestern im Finanzausschuss durchaus eine sehr sachliche Geschichte.

Deswegen möchte ich mal mit einigen ganz nüchternen Feststellungen anfangen.

Erstens. Der Bundesfinanzhof bestätigt, dass die nachgelagerte Besteuerung verfassungsgemäß ist, und alle demokratischen Parteien hier finden die nachgelagerte Besteuerung auch richtig, weil sie für die Menschen eine geringere und gerechte Besteuerung bedeutet. Ich finde das als Vorbemerkung schon mal wichtig.

(Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Habe ich eben auch gesagt!

Zweitens. Alle – alle! – hier im Saal wollen eine Doppelbesteuerung vermeiden,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)

und Unterstellungen, dass das nicht so wäre, sind halt falsch.

Drittens. Der bisherige Streit, lieber Matthias Birkwald, drehte sich vor allem um die Frage, was Doppelbesteuerung eigentlich ist. Das ist nämlich gar nicht so einfach und hängt von ganz vielen Annahmen ab. Die Expertinnen und Experten waren sich da letztes Jahr bei der Anhörung überhaupt nicht einig. Vielmehr gibt es sehr, sehr unterschiedliche Sichtweisen, wie man das bestimmen kann. Der Bundesfinanzhof hat jetzt eine juristische Grundlage für die Definition einer Doppelbesteuerung geschaffen. Das muss nicht allen in allen Details gefallen, aber das ist zumindest vorläufig zu akzeptieren.

Viertens. Auf Basis dieser Definition wurden beide Klagen vom Bundesfinanzhof abgewiesen. Abgewiesen! Es lag also keine Doppelbesteuerung vor. Das bestätigt nach unserer Einschätzung, dass Doppelbesteuerung jetzt noch kein Problem ist.

Fünftens. Aber es ist gut möglich, dass Doppelbesteuerung nach dieser Definition schon in absehbarer Zeit – vielleicht auch früher, als manche, auch ich, das hier im Plenum schon gesagt haben – ein Problem werden könnte. Das gilt es zu verhindern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Es gibt Handlungsbedarf, aber es gibt keinen übermäßigen Zeitdruck. Wir müssen nicht in der nächsten Sitzungswoche schon einen Gesetzentwurf vorlegen. Wir brauchen auch sonst keinen Schnellschuss, sondern wir müssen da ganz genau hingucken. Matthias Birkwald hat es angesprochen: Wir im Finanzausschuss haben die Urteile gestern schon bekommen, andere heute. – Das muss jetzt erst mal ausgewertet werden; denn das ist eine komplexe mathematische Materie. Das Finanzministerium hat gestern in der Ausschusssitzung gesagt, dass sie schon angefangen haben, Berechnungen anzustellen, und das ist gut so. Es ist also, wenn ich das zusammenfasse, davon auszugehen, dass wir zu Beginn der nächsten Legislaturperiode eine gute Grundlage für eine sachliche und konstruktive Diskussion darüber haben, wie wir Doppelbesteuerung verhindern können.

Was uns als Grüne aber zusätzlich wichtig ist, ist, dass wir dann nicht nur das Problem der Doppelbesteuerung angehen, sondern auch weitere und aus unserer Sicht eigentlich wichtigere Probleme der Rentenbesteuerung. Viele Menschen fragen sich nämlich: Warum muss ich als Rentnerin oder Rentner überhaupt noch Steuern zahlen? Dann kommt dieser Steuerbescheid relativ plötzlich. Wir brauchen da unbedingt mehr Transparenz, damit die Menschen darauf vorbereitet sind.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zudem kommt es vor, weil die Behörden zu langsam sind, dass die Leute teilweise sehr lange rückwirkend Steuern zahlen müssen. Das ist gerade für Rentnerinnen und Rentner mit kleinen Einkommen häufig eine große Belastung. Auch das müssen wir unbedingt verhindern, unter anderem dadurch, dass wir diese Prozesse beschleunigen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Schließlich sollten wir versuchen, es hinzukriegen – die Kollegin Tillmann hat das eben schon angedeutet -, dass im Normalfall, insbesondere dann, wenn Rentnerinnen und Rentner nur eine Rente beziehen, vielleicht gar keine Steuererklärung mehr gemacht werden muss, sondern die Steuern direkt von der Rentenversicherung an das Finanzamt überwiesen werden. Das ist eine komplizierte Materie; aber die Digitalisierung sollte uns dabei unterstützen. Das würde vielen Rentnerinnen und Rentnern helfen.

Die Rentenbesteuerung muss also transparenter, schneller und einfacher werden. Wir haben dazu Vorschläge in einem Antrag vorgelegt, der seinerzeit in der Anhörung war. Andere Fraktionen haben auch Vorschläge vorgelegt. Ich bin überzeugt, dass wir in naher Zukunft bezüglich der Rentenbesteuerung gute und nachhaltige Lösungen finden, vielleicht sogar in einem breiten Konsens der demokratischen Parteien; das würde ich mir zumindest wünschen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

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