Persönliche Erklärung | Änderungen im Asylbewerberleistungsgesetz gehen zu weit
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Persönliche Erklärung gemäß § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Heimat zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz, Drucksache 20/10090):
Der Bundestag entscheidet über das sogenannte Rückführungsverbesserungsgesetz sowie über Neuregelungen im Asylbewerberleistungsgesetz. Das Gesetz basiert auf einem Beschluss der Ministerpräsident:innenkonferenz aus dem letzten Jahr. Deshalb ließen die Verhandlungen für grüne Positionen nur einen extrem engen Spielraum. Einige wichtige Änderungen konnten aber erreicht werden. Beispielsweise erhalten Menschen nun einen fachkundigen Rechtsbeistand, wenn sie in Ausreisegewahrsam oder Abschiebehaft sitzen, so dass zumindest elementare rechtsstaatliche Anforderungen gewahrt werden. Auch haben wir verhindert, dass Minderjährige oder Familien mit Minderjährigen in Abschiebehaft genommen werden können. Erreicht haben wir auch, dass die zivile Seenotrettung künftig nicht kriminalisiert wird, wie ursprünglich vorgesehen war.
All das sind unter den gegebenen Bedingungen wichtige Punkte. Gleichzeitig bedeuten die Regelungen massive Verschlechterungen für die betroffenen Menschen. So wird die Abschiebehaft von 10 auf 28 Tage ausgeweitet und Geflüchtete sollen künftig keine Ankündigung ihrer Abschiebung mehr erhalten. In Zukunft dürfen Gemeinschaftsunterkünfte durchsucht und private Datenträger ausgelesen werden. Wir halten diese Verschärfungen weder für angemessen noch in irgendeiner Weise für zielführend. Diese Regelungen werden den Kommunen keinerlei Entlastung bringen, aber Menschen kriminalisieren.
Entscheidend sind für uns jedoch die Neuregelungen im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes. Denn dieses Gesetz betrifft alle Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen aus ihrem Heimatland fliehen und in Deutschland Schutz suchen. Für diese Menschen schafft das Gesetz massive Verschlechterungen, die wir kritisieren und in ihrer Konsequenz nicht mittragen können.
Die Bezugsdauer für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz wird von 18 auf 36 Monate ausgedehnt. Der spätere Zugang zu Analogleistungen in Höhe des Bürgergeldes bzw. der Sozialhilfe führt nicht, wie oft behauptet, zu einer besseren Steuerung von Migration. Es führt stattdessen zu Armut und geringeren Teilhabechancen für die Betroffenen. Insbesondere Kinder leiden unter solch prekären Bedingungen. Drei Jahre verringerte Leistungen sind für Kinder eine lange Zeit und verringern ihre Zukunftschancen deutlich. Kinderarmut wird so verschärft. Gesundheitsleistungen werden in dieser Zeit nur bei akuten Schmerzen gewährt, was bei den Betroffenen zu einer gravierenden Verschlechterung ihrer Lebenssituation führt und langfristig gesehen sogar mehr Kosten verursachen, als Kosten einzusparen, wie Studien belegen. Einzig positiv ist, dass die Verlängerung auf 36 Monate nicht rückwirkend gilt. Es gibt also einen Bestandsschutz für Menschen, die bereits Analogleistungen beziehen. Das ist ein grüner Erfolg der Verhandlungen.
Nach Abwägen aller Argumente, auch vor dem Hintergrund der schwierigen Verhandlungsposition, können wir diesem Gesetz nicht zustimmen.
Beate Müller-Gemmeke MdB
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn MdB