Presseüberblick | Grüne Reaktionen auf den 100-Mrd.-Vorschlag von Olaf Scholz

Vor einer Woche hat Olaf Scholz bei der Debatte im Bundestag, den Vorschlag gemacht, ein 100 Mrd.-Sondervermögen für Verteidigung einzurichten. Bereits in der Debatte am Sonntag hat unsere Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann klar gesagt, dass über den Verteidigungshaushalt der Deutsche Bundestag entscheidet und niemand sonst. Viele bei uns waren von dem Vorschlag überrascht, verschließen uns aber nicht der Diskussion darüber, haben aber Fragen und Beratungsbedarf, was die Ausgestaltung eines solchen Sondervermögens angeht. Angesichts der veränderten Lage unterstützen die meisten bei uns die Waffenlieferungen an die Ukraine und wir müssen sicher auch grundlegend neu über die Verteidigungs- und Sicherheitspolitik nachdenken. Am Ende dürfte das vermutlich auch mehr Geld kosten. Aber 100 Mrd. Euro ausschließlich für die Bundeswehr? Deswegen geht es jetzt um die Fragen: Was soll eigentlich dadurch finanziert werden? Ist das Ganze eingebunden in eine grundsätzliche Reform, damit das Geld im Verteidigungsetat effektiv und effizient ausgegeben? Und was ist mit weiteren Projekten, zu deren Lasten die Mehrausgaben für Verteidigung nicht führen dürfen.

Im Laufe der Woche haben sich mehrere Bundestagsabgeordnete öffentlich zu Wort gemeldet. Ich möchte einige wichtige Äußerungen ohne Anspruch auf Vollständigkeit hier zusammenfassen, damit die Grüne Posititionierung zu dem 100 Mrd.-Sondervermögen deutlich wird.

In der FAZ erschien ein Interview mit Irene Mihalic (Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion), mit der Überschrift „Investitionen in die Sicherheit betreffen nicht nur das Militär“, in dem sie deutlich macht, dass es nicht nur um Geld für die Bundeswehr gehen an. Ein Zitat:

Wir müssen dringend die Unabhängigkeit unserer Energieversorgung von Russland herstellen. Wir dürfen nicht mehr abhängig sein von fossilen Rohstoffen, die wir importieren. Auch das ist Sicherheitspolitik pur. Das heißt, das muss mit eingepreist werden in so einer Frage, genauso wie die Entwicklungszusammenarbeit. Sehr wichtig ist auch der Zivilschutz.

Hier gibt es das ganze Interview:

https://zeitung.faz.net/faz/politik/2022-03-01/ca6d80f56a5cb486c8b3cf106b2105d5/?GEPC=s3

Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (rnd) hat ein Interview mit Sven-Christian Kindler (haushaltspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion) geführt, in dem er auch weitere Punkte benennt, die für uns zu klären sind:

https://www.rnd.de/politik/sondervermoegen-gruenen-haushaltsexperte-kindler-stellt-geplante-mehrausgaben-fuer-bundeswehr-43HL2NYNNZCXBF3Q4TEAY5NASU.html

Bei der Bundeswehr ist eine grundlegende Strukturreform mit klaren Prioritäten, deutlich mehr Effizienz und hartem Controlling notwendig, insbesondere beim Beschaffungswesen.

Ebenfalls gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland hat sich Deborah Düring (Sprecherin für Entwicklungspolitik der Bundestagstagsfraktion) u.a. folgendermaßen geäußert:

„Die Invasion Russlands in die Ukraine bricht mit der Friedensordnung auf ungeahnte Weise. Aber 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr allein sind der falsche Weg. Mehr denn je gilt, dass wir in eine friedliche, ökologisch und sozial gerechte Entwicklung, Demokratie und eine resiliente Gesellschaft investieren müssen.“

„Schon jetzt sehen wir die dramatischen Auswirkungen des Krieges“, sagte sie. „Die steigenden Weizen- und Ölpreise werden die ärmsten Regionen der Welt besonders stark treffen. Zusätzliche Waffen für die Bundeswehr sind keine Antwort auf die humanitären Bedarfe – weder in der Ukraine noch in der Welt.“

Hier der gesamte Artikel:

https://www.rnd.de/politik/sondervermoegen-fuer-die-bundeswehr-union-kritisiert-gruene-XSS3J6F4OZE6TCSAWOMYB3EJAU.html

Gegenüber der Augsburger Allgemeine verwies Andreas Audretsch, Berichterstatter der Bundestagsfraktion für Sozialpolitik auf die soziale Situation hier bei uns:

Der Krieg bedeute einen Anstieg der Energiepreise, was die Situation von Menschen mit kleinen Einkommen verschärfe. Daher müssten nun die Regelsätze der Bezieher von Sozialleistungen angepasst werden, forderte der Grünen-Abgeordnete. „Außerdem muss schnell die Möglichkeit geschaffen werden, Geld an alle Menschen mit niedrigen Einkommen auszuzahlen.“ Der Staat müsse auch im nächsten Winter für alle eine warme Wohnung garantieren. Angesichts dieser Herausforderungen sowie notwendiger Investitionen in humanitäre Hilfe sei klar: „Die Schuldenbremse wird sowohl dieses als auch nächstes Jahr nicht einzuhalten sein.“

Hier der gesamte Artikel:

https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/krieg-gegen-die-ukraine-gruenen-politiker-scholz-antwort-auf-putin-ungenuegend-id61943586.html

Darüber hinaus gibt es bei uns auch Abgeordnete, die das Sondervermögen grundsätzlicher kritisieren. Kathrin Henneberger und Nyke Slawik haben einen Gastbeitrag im Stern veröffentlicht, der folgendermaßen endet:

Die einzige Lösung ist eine massive Beschleunigung der Energie-, Wärme und Verkehrswende. Jede Solarzelle, jedes Windrad, jede Wärmepumpe, aber auch jeder eingesparte Liter Benzin ist ein Stück wiedergewonnene Freiheit und Sicherheit für Europa. Oder wie Christian Lindner sagte: „die Erneuerbaren sind Freiheitsenergien“.

Daher sollten wir Geld nicht in die Bundeswehr pumpen, sondern in Erneuerbare Energien und alternative Mobilität. Und wir müssen überlegen, wie wir den deutschen Energie- und Spritverbrauch in den kommenden Monaten senken können.

Auch das ist sicherheitspolitische Aufrüstung. Und zwar eine, die wirklich hilft gegen Putins Krieg.

Hier gibt es den vollständigen Gastbeitrag:

https://www.stern.de/plus/politik/ukraine–gruene-abgeordnete-fordern-weniger-geld-fuer-aufruestung-31674966.html

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