Rede | Gleicher Rentenwert in Ost und West

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Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Abgeordnete! Ich komme mal wieder zurück zum Thema nach dieser etwas vom Thema ablenkenden Rede aus der CDU/CSU-Fraktion,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

bei der sich mancher CDU-Sozialpolitiker – Norbert Blüm und andere – wahrscheinlich im Grab umdrehen würde.

(Max Straubinger (CDU/CSU): Wir sind doch beim Thema! – Jana Schimke (CDU/CSU): Kommen Sie mal lieber zurück zum Thema!)

Zurück zum Thema Ost-West-Rentenanpassung. Vielen Menschen da draußen ist wahrscheinlich gar nicht klar, dass wir immer noch ein ostdeutsches Rentenrecht und ein westdeutsches Rentenrecht haben – 33 Jahre nach der Wiedervereinigung. Das ist ziemlich absurd. Wir hätten eigentlich schon längst dazu kommen müssen, ein einheitliches Rentenrecht zu schaffen. Auf dem Weg dahin sind wir; zum 1. Januar 2025 soll das der Fall sein.

Basis dafür war ein Gesetz der Großen Koalition. Wir Grüne haben schon vor über zehn Jahren vorgeschlagen, das viel schneller zu machen. Das hätte man machen können, aber immerhin: Wir sind jetzt so weit. Bei einer zentralen Größe, dem aktuellen Rentenwert, sind wir tatsächlich ein Jahr schneller als geplant. Und das ist wirklich eine sehr gute Nachricht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Das hat natürlich mit der Lohnentwicklung zu tun, die von der ökonomischen Entwicklung abhängig ist, aber auch von politischen Maßnahmen. Wir haben den Mindestlohn auf 12 Euro erhöht.

(Beifall der Abg. Dr. Tanja Machalet (SPD))

Das hat im Osten natürlich eine sehr viel stärkere Wirkung als im Westen gehabt und hat damit auch dazu beigetragen, dass wir jetzt bei der Rente schneller bei einer Angleichung sind.

(Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Das stimmt!)

Auch deswegen war die Erhöhung auf 12 Euro Mindestlohn eine sehr gute Geschichte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Dabei kann es natürlich nicht bleiben, weil – der Kollege Birkwald hat es schon angesprochen – wir Lohnunterschiede zwischen Ost und West haben. Deswegen geht es nicht nur um Mindestlohn, sondern es geht auch darum, die Tarifbindung zu stärken. Dazu wird es hoffentlich noch in diesem Jahr ein Tariftreuegesetz geben. Wir müssen die prekäre Beschäftigung eindämmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Matthias W. Birkwald (DIE LINKE))

Es muss insgesamt darum gehen, den Niedriglohnsektor im Osten zu verringern. Das ist der Grund, warum die Lohnunterschiede so groß sind, nicht aber deshalb, weil allgemein bei jeder Beschäftigung der Lohn niedriger ist. Deswegen haben wir vor über zehn Jahren auch schon die Abschaffung des Umwertungsfaktors beantragt, weil wir eben gesagt haben: Bei gleichem Einkommen soll es auch den gleichen Rentenanspruch geben.

Ich stelle fest: Die Linke will die Trennung zwischen Ost und West bei der Rente sogar noch bis 2030 beibehalten.

(Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Ja!)

Das halten wir für falsch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Nein! Da haben wir einen Dissens! 600 Euro weniger Rente im Jahr! – Ates Gürpinar (DIE LINKE): Da haben Sie Herrn Birkwald nicht zugehört!)

Wir sind bei der Ost-West-Rentenangleichung jetzt leider noch nicht am Ziel, sondern erst am 1. Januar 2025. Dann fallen die letzten beiden Punkte, der Umwertungsfaktor und die Beitragsbemessungsgrenze, weg, und dann ist auch tatsächlich bei der Rente die Einheit vollendet – 35 Jahre nach der Wiedervereinigung, aber immerhin.

In der Debatte ging es jetzt aber nicht nur um die Ost-West-Rentenangleichung, sondern auch um grundsätzliche Fragen der Tragfähigkeit der Alterssicherung. Mein Kollege Markus Kurth hat schon deutlich gemacht, wie wichtig die umlagefinanzierte Rente als stabile Basis des Rentensystems ist; ich habe eben schon auf Norbert Blüm verwiesen.

Es hat sich in all diesen Krisenzeiten – sowohl bei der Wiedervereinigung wie in der Finanzkrise als auch in allen anderen Krisen – gezeigt, wie stark die umlagefinanzierte Rente ist. Und deswegen wollen wir Grüne diese Umlagefinanzierung noch deutlich stärken. Das Prinzip Bürgerversicherung muss und soll es auch im Bereich Rente geben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Auch da macht diese Koalition immerhin einen Schritt mit der Rentenversicherungspflicht für Selbstständige. Die Staatssekretärin hat angekündigt: Auch dazu wird es wahrscheinlich in diesem Jahr noch einen Gesetzentwurf der Bundesregierung geben.

(Max Straubinger (CDU/CSU): Da sind wir mal gespannt!)

Das freut uns sehr. Das ist ein wichtiger und zentraler Schritt wieder in Richtung Bürgerversicherung.

Dann haben wir aber immer noch das Thema Altersarmut; auch das ist schon von anderen angeschnitten worden. Die Grundrente war eigentlich mal eine sehr gute Idee der SPD. Da gab es die Idee von Hubertus Heil, dass die Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung kommt, weil die Menschen lange in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Damit haben Sie eine Idee unserer Garantierente übernommen

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Allerdings was dann in dieser Großen Koalition herausgekommen ist, war ein unglaublich bürokratisches Ding. Deswegen hat es ja so lange gedauert, bis die Grundrente jetzt an alle ausgezahlt wurde; allerdings ein bisschen schneller als erwartet, weil die Rentenversicherung da wirklich gut gearbeitet hat. Aber diese Einkommens- und Vermögensprüfung, die die Union da hineinverhandelt hat, hat diese schöne Grundidee eigentlich halb kaputtgemacht. Deswegen haben wir auch in den Koalitionsvertrag hineingeschrieben: Das wollen wir uns noch mal angucken.

(Max Straubinger (CDU/CSU): Klein-Klein, was ihr macht!)

An der Stelle muss die Grundrente auch unbedingt noch mal weiterentwickelt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Max Straubinger (CDU/CSU): Also Grundrente für Reiche?)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Herr Kollege, Sie sind am Ende Ihrer Redezeit.

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Schade. Jetzt wollte ich noch auf die Kapitaldeckung eingehen.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Nächstes Mal.

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Aber die Debatte werden wir noch bei anderer Gelegenheit führen.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Wahrscheinlich.

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Das wäre für uns auch ein wichtiger Baustein –

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Herr Kollege.

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– als Bürgerfonds, aber nicht als Generationenkapital innerhalb der Rentenversicherung, –

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Herr Kollege, hallo.

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– weil es die Umlagefinanzierung schwächt.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Ich kann Ihnen nicht – –

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Aber die Debatte werden wir führen. Wir sind die Fortschrittskoalition, und das bleiben wir.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

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