Rede | Mit dem neuen Bürgergeld setzen wir auf Motivation statt Sanktionen
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Redeprotokoll vom 13.10.2022 – Rede im Deutschen Bundestag zur ersten Lesung des Bürgergeldgesetzes
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist wirklich ätzend, wie sich die Argumentationsmuster der beiden rechten Parteien hier ähneln.
(Marc Biadacz (CDU/CSU): Das stimmt nicht!)
Sie, von der Union, sollten einmal darüber nachdenken, ob das wirklich Sinn macht. Solche unsachlichen Argumente, wie ich sie heute gehört habe, sind wirklich ein großes Problem.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Thorsten Frei (CDU/CSU): Was haben Sie eigentlich für ein Demokratieverständnis? – Marc Biadacz (CDU/CSU): Das ist doch Quatsch!)
Eins dieser unsachlichen Argumente ist der Vorwurf, das Bürgergeld wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen.
(Thorsten Frei (CDU/CSU): „Ist auf dem Weg dahin!“ Hören Sie doch mal zu!)
Sie machen dabei gleich zwei Fehler; Sie machen einen Doppelfehler.
Erstens. Ein Grundeinkommen ist eine Leistung, die ohne Bedürftigkeitsprüfung gezahlt wird. Das hat übrigens viele Vorteile, auf die ich jetzt aus Zeitgründen gar nicht eingehen kann. Deswegen empfehle ich insbesondere Ihnen von der Union dieses Buch von der Konrad-Adenauer-Stiftung,
(Der Redner hält ein Buch hoch)
also von einer Ihnen nahestehenden Stiftung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Sehr schön!)
Hier geht es um das Grundeinkommensmodell eines ehemaligen Ministerpräsidenten der Union. Lesen Sie das einmal; dann wäre diese Debatte hier sachlicher.
Es gibt gute Gründe dafür. Deswegen haben wir Grünen im Grundsatzprogramm beschlossen, dass das bedingungslose Grundeinkommen eine Leitidee für uns ist.
(Thorsten Frei (CDU/CSU): Ja, das passt zu Ihnen!)
Aber das Bürgergeld ist eine bedürftigkeitsgeprüfte Leistung und ist gar kein Grundeinkommen. Da liegt Ihr Fehler Nummer eins.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Marc Biadacz (CDU/CSU): Das ist der Einstieg! – Thorsten Frei (CDU/CSU): Zuhören!)
Ein Vorteil des Grundeinkommens – da bin ich bei Ihrem Fehler Nummer zwei – ist, dass die Motivation, erwerbstätig zu werden, viel höher ist als im jetzigen Hartz-IV-System, weil die sogenannten Grenzbelastung viel geringer ist. Anders gesagt: Die Leute behalten bei einem Grundeinkommen mehr von ihrem Erwerbseinkommen. Das nicht zu sehen, ist Ihr zweiter Fehler. Ihr Vorwurf führt völlig ins Leere und ist falsch.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Wir verfolgen mit der Einführung des Bürgergeldes tatsächlich auch das Ziel, dass mehr vom eigenen Einkommen übrig bleibt. Das ist innerhalb des Grundsicherungssystems nicht so einfach; aber wir bewegen uns auf diesem Weg. In dem Gesetzentwurf – das ist Ihnen vielleicht noch nicht aufgefallen – haben wir einen zentralen Punkt: Menschen, die mehr als 520 Euro verdienen, haben demnächst bis zu 48 Euro mehr im Monat – also von wegen weniger Anreize für Erwerbstätigkeit! Wir schaffen mehr Anreize für Erwerbstätigkeit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Und wir schaffen auch mehr Anreize für Weiterbildung durch die Einführung eines Weiterbildungsgeldes, und zwar nicht nur als Bestandteil des Bürgergeldes, sondern auch als Bestandteil der Arbeitslosenversicherung, damit sich mehr Menschen Weiterbildung leisten können.
Wir setzen auf Motivation. Sie setzen auf Sanktionen und Bestrafung. Das ist der Unterschied zwischen der Ampel und Ihnen.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Marc Biadacz (CDU/CSU): Fordern und Fördern!)