Rede | Energiepauschale und Ausweitung Midijobs


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Deutscher Bundestag, Rede vom 20.10.2022 zum Gesetz zur Zahlung einer Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Klein, die Rentnerinnen und Rentner sind nicht vergessen worden.

(Marc Biadacz (CDU/CSU): Doch! – Dr. Ottilie Klein (CDU/CSU): Doch! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU))

– Nein, sie sind nicht vergessen worden.

(Dr. Ottilie Klein (CDU/CSU): Wir haben Sie ein halbes Jahr daran erinnert! – Weiterer Zuruf des Abg. Marc Biadacz (CDU/CSU))

Vielmehr hatte es Gründe, warum sie in dem damaligen Entlastungspaket nicht berücksichtigt wurden. Zu den Gründen komme ich gleich.

(Max Straubinger (CDU/CSU): „Die Rentenerhöhung reicht“, hat die Koalition gesagt!)

Markus Kurth hat es in seiner Rede in der ersten Lesung vor der Sommerpause gesagt. Ich habe es in meiner Rede im Juni hier gesagt. Andere Kolleginnen und Kollegen aus der Ampel haben auch schon vor der Sommerpause gesagt: Wir werden und wir müssen im dritten Entlastungspaket die Rentnerinnen und Rentner mit berücksichtigen.

(Max Straubinger (CDU/CSU): Nach der NRW-Wahl habt ihr es gesagt!)

Das tun wir jetzt, und das ist gut so.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Sie sind nicht vergessen worden, sondern waren absichtlich nicht mit drin,

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

weil wir tatsächlich ein Problem mit der Zielgenauigkeit haben. Da müssen wir uns einmal gegenseitig ehrlich machen.

(Zurufe der Abg. Max Straubinger (CDU/CSU) und Stephan Stracke (CDU/CSU))

Kollege Straubiger hat selber gesagt, er habe die Energiepauschale doppelt bekommen.

(Max Straubinger (CDU/CSU): Ja!)

Andere Leute haben sie gar nicht bekommen.

(Kai Whittaker (CDU/CSU): Wenn ihr das in einem Aufwasch gemacht hättet, dann hätte es das Problem gar nicht gegeben!)

Von der Union gab es an der Stelle überhaupt keinen Änderungsantrag im Ausschuss. Sie haben auch keine Vorschläge gemacht, wie man das zielgenauer hinbekommen könnte. Da müssen Sie sich auch einmal ehrlich machen.

(Max Straubinger (CDU/CSU): Nützt ja bei euch nichts, wenn ihr die Anhörung betrachtet!)

Wir haben einfach das Problem, dass zielgenaue Entlastungen in Deutschland nicht so einfach möglich sind. Das müssen wir so deutlich sagen. Aber die Ampel arbeitet daran.

(Dr. Hendrik Hoppenstedt (CDU/CSU): Ja!)

Wir haben die Zielungenauigkeit, dass manche Leute die Leistungen doppelt bekommen.

(Zuruf des Abg. Stephan Stracke (CDU/CSU))

Wir haben die Zielungenauigkeit, dass es trotz der vielen Maßnahmen, die wir ergriffen haben, immer noch Leute gibt, die die Leistungen nicht bekommen haben. Aber das Jahressteuersatz 2022 – der Bundesfinanzminister hat da seine Arbeit geleistet – enthält jetzt einen Auszahlmechanismus, über den wir die gesamte Bevölkerung bedienen und allen Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land Leistungen auszahlen können. Das ist etwas, was Sie in 16 Jahren nie geschafft haben.

(Mareike Lotte Wulf (CDU/CSU): War ja auch nicht nötig!)

Die Ampelkoalition schafft das jetzt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Kai Whittaker (CDU/CSU): Echt? Wo? – Gegenruf des Abg. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im Jahressteuergesetz!)

Wenn wir diesen Auszahlmechanismus jetzt schon hätten, dann hätten wir diesen Flickenteppich, wie manche sagen, diese Vielzahl an Maßnahmen vielleicht gar nicht gebraucht, sondern hätten tatsächlich alle entlasten können. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

(Stephan Stracke (CDU/CSU): Ihr hattet doch Zeit! Was macht ihr eigentlich in der Regierung?)

Bei der Kindergrundsicherung gehen wir weitere wichtige Schritte, wie wir Menschen automatisch entlasten können.

Zu dem zweiten Punkt. Frau Klein hat ja gesagt, dazu hätte kein Redner der Ampel etwas gesagt. Deswegen will ich gern dazu Stellung nehmen. Es wird häufig gesagt, dass wir auch an die Menschen denken müssen, deren Einkünfte minimal über der Grenze für den Bezug von Sozialleistungen liegen, damit auch Leute, die 2 000 Euro oder ein bisschen weniger brutto verdienen, zielgenau entlastet werden. Die haben natürlich schon die Energiepauschale für Erwerbstätige bekommen, die haben auch schon andere Leistungen bekommen. Aber es ist, glaube ich, durchaus sinnvoll, sich diese Gruppe noch einmal besonders anzugucken. Und ja, auch an dieser Stelle ist es nicht wirklich zielgenau; denn es ist nicht sicher, ob die Menschen insgesamt vielleicht doch ein hohes Einkommen haben, weil nur das Arbeitseinkommen angeguckt wird.

Es gibt positive und negative Arbeitsmarkteffekte. Es ist nicht so, Frau Ferschl und Frau Klein, dass es nur den Effekt gibt, dass Menschen ihre Arbeitszeit reduzieren. Der Sachverständige Enzo Weber hat in der Anhörung gesagt, dass es durchaus auch den Anreiz gibt – insbesondere bei Frauen mit geringem Einkommen, mit geringer Stundenzahl -, die Arbeitszeit ausweiten. Auch das muss man mitberücksichtigen. Es gibt also positive und negative Effekte.

Es gibt das Problem mit den Sozialversicherungen, das auch wir durchaus problematisch sehen. Auch an dieser Stelle ist es mit der Zielgenauigkeit schwierig, aber auch da handelt die Ampel. Das stand schon im Koalitionsvertrag.

(Max Straubinger (CDU/CSU): Da steht viel drin!)

Bald, in den nächsten Tagen, geht ein Forschungsauftrag raus, bei dem es genau um diese Gruppe gehen wird. Das steht unter der Überschrift „Grenzbelastung/Transferentzugsrate“. Aber wenn man genau hinguckt, stellt man fest, dass es darum geht, wie wir genau diese Gruppe, deren Einkommen jetzt ein bisschen über den Grundsicherungsleistungen liegt, besser und zielgenauer entlasten können.

Also, was macht die Ampel? Wir agieren kurzfristig und schnell, um die Menschen zu unterstützen, auch wenn es manchmal nicht ganz zielgenau ist. Wir gehen aber auch an die strukturellen Probleme heran. Das ist genau das, was wir „Fortschrittskoalition“ nennen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

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