Zum Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit im Monat August 2021 erklären Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte und aktive Arbeitsmarktpolitik, und Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Arbeitsmarktpolitik:
Es ist Zeit für einen Perspektivwechsel in der Arbeitsförderung. Auch wenn sich der Arbeitsmarkt langsam erholt, hat die jetzige Bundesregierung in den letzten Jahren viel zu wenig unternommen gegen die strukturellen Probleme auf dem Arbeitsmarkt.
Für Menschen, die bereits seit vielen Monaten arbeitslos sind, gestaltet sich die Rückkehr in den Arbeitsmarkt schwierig. Mit den bisherigen Mitteln werden Langzeitarbeitslose nicht nachhaltig in Beschäftigung gebracht. Der Vermittlungsvorrang muss daher abgeschafft, ein Rechtsanspruch auf Qualifizierung eingeführt werden. Klar ist auch, dass Arbeitssuchende vertrauensvoll und individuell unterstützt werden müssen – Sanktionen sowie Druck und Zwang haben keinen Platz mehr in einer modernen Arbeitsverwaltung. Das funktioniert jedoch nur, wenn Jobcenter mehr Gestaltungsspielräume erhalten, um regional passende Maßnahmen zu entwickeln und die Mitarbeitenden mehr Zeit durch höhere Personalschlüssel erhalten. All das ist dringend notwendig, um den Menschen, die länger arbeitslos sind, Chancen und Perspektiven zu eröffnen.
Zu viele Menschen rutschen trotz Beitragszahlung direkt in das Arbeitslosengeld II (Hartz IV). Deswegen muss der Zugang zur Versicherungsleistung Arbeitslosengeld I verbessert werden, in dem die Mindestbeitragszeit verkürzt wird. Es sollte der Normalfall werden, dass Kurzzeitarbeitslose über die Arbeitslosenversicherung abgesichert sind.
Sowohl Arbeitslose als auch Erwerbstätige müssen besser auf den Strukturwandel vorbereitet werden. Wir fordern deswegen einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung, der mit einem Weiterbildungsgeld abgesichert wird, das 200 Euro höher ist als die Absicherung bei Arbeitslosigkeit, damit sich auch Menschen mit geringen Einkommen eine Weiterbildung leisten können.